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Warum eine Morgenroutine so wichtig für dich ist

Der Morgen ist die wichtigste Zeit am Tag: Weshalb wir dieses Potential nutzen sollten und wie uns das am besten gelingt.

Meine zwei engsten Freundinnen könnten unterschiedlicher nicht sein, was ihren Start in den Tag betrifft: Eine kostet morgens jede mögliche Minute im Schlaf aus. Minutiös plant sie am Abend zuvor, wie viel Zeit sie zum aufstehen, anziehen, frühstücken und Kaffee trinken braucht. In der Regel sind es sportliche, gut durch getaktete dreissig Minuten. Die andere Freundin braucht morgens mindestens eine Stunde, um aufzuwachen und sich bereit zu fühlen, das Haus zu verlassen, unter Menschen zu gehen. Ob Yoga, einen Kakao kochen, Journaling — einen festen Zeit- oder Programmplan hat sie nicht. So unterschiedlich die beiden in den Tag starten, ist ihnen doch eines gemein: Beide nehmen sich morgens Zeit für sich und ihre Bedürfnisse.


Aus der Entwicklungspsychologie ist bekannt, dass Gewohnheiten wichtig für die Gesundheit sind. Heranwachsenden Kindern geben sie Sicherheit und damit eine Grundlage, sich frei entfalten zu können. Das ändert sich auch im Erwachsenenalter nicht. Grund genug, uns unserer eigenen Gewohnheiten anzunähern , sie zu verstehen. Denn auch wenn Gewohnheiten unbewusste Verhaltensmuster sind: Eignen wir uns bewusst gute Gewohnheiten an, schaffen wir uns selbst einen Raum, um uns persönlich weiterzuentwickeln.


Was sind Routinen?

Routinen sind Gewohnheiten: Im Kern handelt es sich um automatisierte Entscheidungen. Das ist überlebensnotwendig; unser Gehirn wäre damit überfordert, müsste es in jedem Moment eine Entscheidung treffen. Im Gegenteil, es ist möglichst darauf bedacht, rationales, energieraubendes Denken zu vermeiden. Denn, unsere menschliche Willenskraft ist endlich: Ab einem gewissen Punkt ist sie ausgeschöpft. Die Wissenschaft schätzt, dass wir circa 30 bis 50 Prozent unserer täglichen Handlungen unserer Gewohnheit überlassen.


Gewohnheiten laufen automatisiert ab und bedingen keiner bewussten, willentlichen Entscheidung. Man könnte es eine neurobiologische Abkürzung nennen: Statt sich mögliche Konsequenzen einer Entscheidung auszudenken, entscheidet das Gehirn aufgrund bestehender Erfahrungen gleichwertiger früherer Entscheidungen.

Insbesondere bei schlechten Gewohnheiten wird oft fälschlicherweise angenommen, dass sie mit Willenskraft zu tun hätten . Ein Trugschluss, sagt die Psychologin Wendy Wood , die vor zwei Jahren ein Buch über ihre jahrzehntelange Forschung zum Thema Gewohnheit mit dem Titel Good Habits, Bad Habit: The Science Of Making Positive Changes That Stick publizierte. Ein Zusammenhang besteht trotzdem: Indem wir uns bewusst gewisse Gewohnheiten aneignen, können wir unsere Willenskraft gezielter und somit effizienter einsetzen.


Relevant werden Gewohnheiten besonders in Krisenzeiten. Schlechte Phasen und Rückschläge gehören zum Leben dazu. In Stresssituationen ist unser Gehirn überfordert und verlässt sich bei Entscheidungen noch mehr auf Gewohnheiten, als es das in weniger stressigen Zeiten tun würde. Dabei greifen wir auf unseren gesamten Gewohnheiten-Fundus zurück: Sowohl auf die schlechten als auch die guten, sagt Wood. Haben wir uns gute Gewohnheiten angeeignet, helfen uns diese, Stresssituationen besser zu meistern.


Weshalb Morgenroutinen wichtig sind

Jeder hat eine Morgenroutine. Das blosse Aufstehen, sich anziehen, aus dem Haus gehen — alles sind routinierte Handlungen. Das ist wichtig: Müssten wir jeden Tag am Morgen aktiv Entscheidungen treffen, wären wir bereits beim Verlassen des Hauses erschöpft. Kehren wir dieses Beispiel um, erkennen wir, wie viel Potential in der Morgenroutine steckt: Bauen wir aktiv Dinge in unsere Morgenroutine, von denen wir wissen, dass sie uns gut tun, verlassen wir das Haus erholt und fühlen uns gewappnet für den Tag. Die deutsche Life-Coach Laura Malina Seiler fasst zusammen: «Unsere Stimmung am Morgen legt den Grundstein für den restlichen Tag.»


Das soll nicht heissen, jeden Morgen eine Stunde früher aufstehen zu müssen — was uns am Morgen gut tut und wie viel Zeit wir dafür brauchen, ist individuell. Bereits einige Minuten, in denen wir uns bewusst uns selbst zuwenden, können einen entscheidenden Unterschied machen.

James Clear, ein US-amerikanischer Autor, hat sich intensiv mit der Gewohnheitsbildung auseinandergesetzt — er schrieb den Bestseller Atomic Habits . In seinem wöchentlichen 3-2-1-Newsletter teilt er eigene Ideen, inspirierende Zitate und stellt anregende Fragen. Er rät, nicht zu viele Dinge in die morgendliche Routine einzubauen, damit sie einfach bleibt; ansonsten erfüllt sie ihren Zweck nicht mehr. Auch kann es hilfreich sein, sich eine Kick-Off-Handlung auszudenken, mit der jeden Morgen in die Routine gestartet wird; etwa ein Glas Wasser zu trinken oder das Fenster zu öffnen und in der frischen Morgenluft einige bewusste Atemzüge zu nehmen.


Analog in den Tag starten

So individuell die Morgenroutine ist, etwas raten Clear und Seiler allen: Das Handy sollte möglichst ausgeschaltet bleiben. Seine produktivsten Tage habe Clear, wenn er seine Mails so spät wie möglich liest: «Ich denke, es ist immer besser, seine Zeit damit zu verbringen, an seiner eigenen Agenda zu arbeiten, als auf die Agenda anderer zu reagieren.» Sobald wir Benachrichtigungen auf unserem Handy lesen, geraten wir in einen reaktiven Modus: Wir reagieren auf diese. Zögern wir das Lesen der Benachrichtigungen hinaus, bleiben wir in einem aktiven Modus, in dem wir aktiv nach unseren Bedürfnisse agieren.



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